Entspannt begann dieser Monat, dramatisch steigerte er sich und erreichte in der Nacht vom 20. auf den 21.10.23 seinen Höhepunkt: Jahrhunderthochwasser an der Ostseeküste und somit auch in unserem beschaulichen Arnis. Und ja, wir wurden dank der Medien vorgewarnt, aber mit der Heftigkeit und vor allem mit dem Dammbruch hat keiner gerechnet. Weder die fachlich Kompetenten noch die zivile Bevölkerung. Die Natur hat den Menschen mal wieder gezeigt, in welcher Liga gespielt wird. Während wir persönlich bis auf einen ramponierten Garten keine materiellen Schäden zu verzeichnen haben, sind andere Einwohner obdachlos geworden, ihr Zuhause vereinnahmt von den Wassermassen, Wiederaufbau nicht möglich, Versicherungen waschen die Hände im Kleingedruckten und beharren auf Nichtzuständigkeit. Dagegen wären die von uns allen mitgetragenen Einschränkungen (kein Strom, kein Wasser, keine Heizung, kein Abwasser, Aus- und Einfahrverbot) Jammern auf hohem Niveau. Mit Camping-Leben aufgewachsen, hautnah erlebter Sturmflut 1962 in Hamburg und Wacken-erprobt stellte sich die Lange Straße 32 sehr schnell auf die Gegebenheiten ein.
Trotz der überschaubaren Einwohnerzahl in Arnis gibt es Mitbürger, die nicht miteinander können, aber Not schweißt bekanntlich zusammen, sodass sie sich in der gebildeten Menschenschlange statt Gerichtsakten die Sandsäcke zur zunächst provisorischen Dammbefestigung in die Arme warfen. Na, also, geht doch und hoffentlich hält sie an, diese neu erworbene Solidarität, die zusätzlich getoppt wurde durch den gemeinsam angestimmten Song „Mein Herz schlägt für Arnis“ (getextet auf der Melodie von „Sweet Home Alabama“), um die Wartezeit zwischen den Sandsacklieferungen zu überbrücken. Theaterreif! Kulinarisches und Getränke spendeten diejenigen, die aus körperlichen Gründen nicht an der neu kreierten Sandsackwurfdisziplin teilnehmen konnten.
In diesem Blog möchte ich mich für die überwältigende Anteilnahme und häufig angebotenen Hilfen von ganzem Herzen bedanken! Da rollte schon mal eine Träne... ich hätte nicht gedacht, dass so viele meiner Gäste das Arnis-Schicksal mit verfolgen und dann ihre Energie in SMS, E-Mails und Telefonate umsetzen. Einfach: DANKE! Wir persönlich benötigen keine finanzielle Unterstützung, aber den Menschen, die alles verloren haben, lindert es ihre derzeitige Not. Dafür wurde von Arnis ein Spendenkonto eingerichtet, die Infos dazu sind unter diesem Link zu finden und dem Blog auch unten als PDF-Datei angehängt. Die „Lütt Arnis Butik“ bietet „Sturmflut-Hoodies“ an (ebenfalls unten als PDF-Datei angehängt). Naja, da muss man schon ganz schön selbstbewusst sein, um damit durch Bayern, Hessen & Co. zu laufen. Für die Arnisser schien das Angebot eine Herzensangelegenheit zu sein, jedenfalls waren die Pullis nach 2 Stunden verkauft und wir warten jetzt auf Nachlieferungen.
In den Medien wurde Arnis mal wieder schleiumschlungen wirksam in Szene gesetzt (offensichtlich angelehnt an die Corona-Modellregion 2020). Darauf können wir hier gerne verzichten, denn auf der Basis von Katastrophen seine touristische Wirksamkeit zu erhöhen, finde ich unpassend. Wem höchste Anerkennung gezollt werden sollte, das waren die vielen unermüdlichen Helfer, ob beruflich oder ehrenamtlich! Eine gewaltige Logistik-Maschinerie musste da in Gang gesetzt werden und es hat bewundernswert geklappt!
Wenn sich meine vielen Gäste jetzt nicht abschrecken lassen durch diesen Blog und trotzdem treu und brav über die Kappelner Brücke angereist kommen möchten, würde ich mich sehr freuen. Hier hebe ich besonders meine letzten Saisongäste hervor, die erstmalig bei uns waren und dann gleich ihren fast neuen Pkw auf dem Ortsparkplatz als Totalwasserschaden am nächsten Tag verkraften mussten. Kommentar: „War nicht so geplant, aber der Dammbruch ja auch nicht. Wir kommen wieder!“ Dieser Blog ist – den Umständen geschuldet – umfangreicher ausgefallen als gewohnt. Es fehlt wohl auch die Leichtigkeit, aber humorvoll zu sein angesichts der Umstände, fällt mir schwer. Vielleicht lesen Sie trotzdem weiter mit mir die künftigen Einträge im Logbuch?
Ihre Renate Luth.
Hier eine Fotoauswahl, die Ihnen ein paar Eindrücke von den Flutauswirkungen 2023 in Arnis gibt:
