Arnis im November 2022

Um dem Arnisser November-Blues zumindest stundenweise zu entrinnen, wird ein Erlebnis der besonderen Art geplant: Per Zug nach Eckernförde, und zwar in Verbindung mit dem ungewöhnlichsten Schienenersatzverkehr, den die Deutsche Bahn seit Mitte September über die Schlei anbietet: Bahnreisende zwischen Flensburg und Kiel müssen zwischen dem Nordende der Schleibrücke Lindaunis und dem Südende Stubbe den Gewaltmarsch von 264 m per pedes zurücklegen. Mit Wanderschuhen professionell bekleidet wagen wir das Abenteuer und erleben ungeahnte zwischenmenschliche Solidarität: Fremde Mitwanderer bieten sich gegenseitig ihre Suchtstengel zwischen den Zügen... also, den DB-Zügen... an, Omas werden spontan Huckepack genommen, für einen Gehbehinderten auf seinem Dreirad das gerade positionierte überdimensionale Baufahrzeug wieder zurückjustiert, Wegzehrung wird jovial angeboten: „Willste 'n halbes Matjesbrötchen abhaben?“ Sogar an der Bierdose hängende Mitwanderer springen über ihren Plopp-Verschluss und reichen ihre Buddel weiter (Corona war gestern). Mir persönlich allerdings fehlt Begleitmusik, z. B. frei nach Peter Maffay: „Über eine Brücke musst du geh'n, um 

den anderen Zug dann zu erspäh'n“. Oder auch: „Atemlos durch die Nacht, werden wir zum Zug gebracht!“ Vielleicht findet sich noch ein Schlei-Brücken-Song-Writer, zumindest Schleswig-Holstein-Ruhm wäre ihm gewiss. Das ganze Spektakel dauert für Schnellläufer übrigens 4 Minuten, für in-sich-Ruhende wartet der Lokführer auf der anderen Seite auch gern 20 Minuten. 

 

 

In Arnis selbst herrscht nach hektischer Wegesäuberung endlich ersehnter Stillstand. Durchschnittlich trägt ein ausgewachsener Laubbaum 30.000 Blätter, die „Arnisser Lange-Straßen-Linde“ gefühlt das Doppelte. Vor unserem Haus Nr. 32 stehen zwei denkmal-geschützte Prachtexemplare, d. h., 60.000 Blätter waren wegzufegen und zu entsorgen. Die Nachbarn von gegenüber behaupten treuherzig, sie hätten vor ihrer eigenen Haustür gekehrt. Ne, ne, die stecken mit Petrus unter einer (Laub-)Decke: Der Wind wurde exakt so gedreht, dass auch noch deren Blätter (von 4, in Worten: vier!) weiteren Linden auf unserer Straßenseite landeten. Ich überlege ernsthaft, ob ich in einer Nacht- und Laubaktion deren Lindenblätter im Frühjahr mit Farbspray zum Leuchten bringe, dann werden wir im Herbst 2023 ja mal sehen, welche Schild-Blatt-Bürger-Streiche da so gespielt werden. Jetzt herrscht aber erst einmal Ruhe, allerdings weniger für die Singvögel, die in diesem Baumzustand blätterschutzlos den hungrigen Überfliegern ausgesetzt sind.

 

Ja, ja, das sind hier so die Probleme in Arnis. Woll'n mal sehen, was es zum Jahresausklang 2022 noch alles Aufregendes zu berichten gibt. Bis dahin: Bleiben Sie fit, Ihre Renate Luth.